Jugendschutz im Internet – Warum nimmt der deutsche Staat den Jugendschutz im Internet nicht ernst?

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Dr. Schulte ist Jurist und betreut als leitender Vertrauensanwalt mehrere große juristische Projekte (2007 Beitrag in Zeitschrift Capital: “große Erfahrung”) und gilt allgemein als Strategieberater für Erfolg durch das Internet (“Ihn fragt der Chef”, Handelsblatt 2012). Dr. Schulte gilt als einer der ältesten Anbieter für Reputation und Strategien (Handelsblatt, 2012).

Rechtsanwalt Dr. Schulte, Berlin
Dr. Thomas Schulte

Strategiebrater / Jurist

Jugendschutz im Internet – Warum nimmt der deutsche Staat den Jugendschutz im Internet nicht ernst?

Erwachsenenangebote im Internet sind frei zugänglich. Keinerlei Sperren hindern Kinder, die schon im Grundschulalter Mobiltelefone in der Hand halten, extrem jugendgefährdende Inhalte zur Kenntnis zu nehmen. Dabei geht es noch nicht einmal nur um verbotene Pornografie, die regelmäßig von über 18-Jährigen konsumiert werden kann, sondern um viel Schlimmeres. Das Offensichtliche sieht der Staat offenbar nicht, möglicherweise glaubt er, man könne nicht einschreiten.

Gründe für die Untätigkeit

Jugendschutz ist Bundes- und Länderrecht. Hindert möglicherweise ein Kompetenzchaos einen effizienten Jugendschutz? Liegt es an der komplizierten Technik des Internets? Oder fehlen Gesetze, um den Jugendschutz durchzusetzen? Die Freiheit des Internets – Netzfreiheit oder Netzneutralität – ist ein hohes Gut. Schließlich ist es für den weltweiten Datenverkehr von entscheidender Bedeutung, dass nicht manche Daten unterdrückt, andere verändert, ihre Übertragungsgeschwindigkeit manipuliert oder anderweitig vorgegangen wird. Man möchte das Internet frei halten von den Verhältnissen auf der deutschen Autobahn. Hier kann sozusagen derjenige, der am meisten Geld investiert, auch am schnellsten über die Autobahn rasen. Gleichheit und Demokratie sind ein hohes Gut, Jugendschutz auch. Manche Stimmen behaupten, alles zu zeigen, gehöre zur Kultur, jeder müsse sich daran gewöhnen, wie die Welt nun mal sei, und Jugendschutz sei überflüssig. Diese politische Auffassung hat sich allerdings nicht in den deutschen Gesetzen durchgesetzt, das Strafgesetzbuch und das Jugendschutzrecht verbieten gewisse Darstellungen, also allzu Extremes, bzw. verlangen eine wirksame Kontrolle, eine sog. „Altersverifikation“.

Wichtige Normen sind das Strafgesetzbuch und das Jugendschutzgesetz.

FSK18 oder Altersverifikation wat ist das denne?

Altersverifikation kennt jeder aus der Dorf-Disco: Da durfte nicht jeder hinein, und/oder durfte Alkoholika trinken. Streng wurde am Eingang selektiert und manches Kind mit hängenden Schultern wieder nach Hause geschickt.

Im Internet funktioniert das nicht, gerade ausländische Unternehmen nutzen die technischen Möglichkeiten des Internets und unterlaufen die Notwendigkeit, eine FSK-18-Kontrolle durchzuführen.

Nun hat die Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen wieder einen neuen Anlauf gestartet. Offenbar ist unbekannt, dass das Internet auch reguliert werden kann durch Verwaltungsbehörden.

Zum einen ist der deutsche Staat zu weltweiten Strafverfolgungen aufgefordert, wenn im Ausland keine Strafverfolgung möglich ist. Dies betrifft insbesondere § 9 StGB, zum anderen sieht § 7 Abs. 5 Satz 1 Telemediengesetz (TMG) bei europakonformer Auslegung vor, dass Provider, wie die Deutsche Telekom oder andere, die rechtswidrige Inhalte auf Internetgeräte ausspielen, mittels Verwaltungsakt gebeten werden können, dies zu unterlassen.

Die Rechtsordnung gibt also die Möglichkeit, auch wenn es allgemein heißt, das Internet ist zu regulieren, es ist kompliziert, und Technik ist unschuldig. Die deutsche Rechtsprechung hat allerdings schon vor längerer Zeit mittels der sog. „Störerhaftung“ eine Rechtsfigur entwickelt, nach der gegebenenfalls im absoluten Notfall auch technische Dienstleister, wie Internetprovider, für Inhalte haften. Man sollte überlegen, ob man nicht dieses Normenkonstrukt nun endlich zur Anwendung bringt.

Manche Sachen sind so offensichtlich, dass sie offensichtlich vergessen werden: Der Schutz der Jugend ist ein gesetzlicher Auftrag, es ist unter allen unbestritten, dass gewisse Inhalte jugendgefährdenden Charakter haben.

Jetzt fehlt es nur noch an Behörden, die das geltende Recht zur Umsetzung drthomasschultebringen und den Mut haben, die beliebtesten Internetseiten im Internet gegebenenfalls zu sperren. Das macht aber nichts: Mittels Altersverifikation ist es dann zulässig, die Seiten wieder zu betrachten.

Wettbewerbsrecht

Hinzu kommt: Warum akzeptiert der deutsche Staat eigentlich diese Wettbewerbsverzerrung? Deutsche Anbieter müssen sich an wirksame Altersverifikationskontrollen halten, ansonsten drohen Abmahnungen, Ordnungswidrigkeiten, Betriebsschließungen und sogar strafrechtliche Verfolgung. Kaum einen Meter von der deutschen Grenze entfernt, soll das nicht mehr gelten? Da steckt auch politischer Sprengstoff.

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